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Knick-Senk-Fuß
Knick-Senk-Fuß
Für die schnellen Leser – Auf einen Blick
Als Knick-Senkfuß wird eine Fehlstellung des Fußes bezeichnet, bei der die Fußwölbung auf der Innenseite des Fußes vermindert ist (Senkfuß) und der Knick der Fersenachse vermehrt ist (Knickfuß). Prinzipiell kann jede dieser Fehlstellungen für sich alleine auftreten, die Kombination ist jedoch besonders häufig. Es handelt sich um die häufigste Fehlstellung des Fußes.
Schwerer Knick-Senkfuß links: Der Innenknöchel ist auf der Innenseite deutlich prominent
Vollständiger Verlust der Fußwölbung auf der Innenseite
Ausgeprägter Knickfuß auf der linken Seite, Innenknöchel auf der Innenseite prominent, rechter Fuß normal
Seitliches Röntgenbild: Die Längsachse durch das Sprungbein (Talus) steht steil nach unten und befindet sich nicht in einer Fluchtlinie mit der Längsachse durch den ersten Mittelfußknochen
Normales Röntgenbild: Die Längsachse des Talus und des ersten Metatarsale befinden sich in einer Linie
Ausgeprägte Abduktion des Os naviculare nach lateral auf dem Taluskopf
Normales Röntgenbild: Die Längsachse des Talus und des ersten Metatarsale befinden sich in einer Linie
Klassifikation – Welche Formen des Knick-Senkfußes gibt es?
Aus Orthopädisch Fußchirurgischer Sicht muss vor allem das Alter des Patienten berücksichtigt werden. Der Fuß entwickelt erst im Laufe des Wachstums seine normale Statik. Bei Laufbeginn hat ein Fuß fast nie eine Fußwölbung auf der Innenseite, diese entwickelt sich erst durch das Wachstum des Fußes. Mit 14 Jahren ist der Fuß in der Regel ausgewachsen. Bis dahin sollte sich die Fußwölbung entwickelt haben.
Folgende Faktoren sind bei der Beurteilung eines Knick-Senkfußes zu berücksichtigen:
- Alter des Patienten. Bei Kindern kann ein Knick-Senkfuß noch im Rahmen der normalen Entwicklung bestehen.
- Ist der Fuß steif oder beweglich. Ein steifer = rigider Knick-Senkfuß ist in der Regel pathologisch (d.h. nicht normal und behandlungsbedürftig)
- Schmerzen: Verursacht die Belastung des Fußes Schmerzen? Viele ausgewachsene Füße können trotz Knick-Senkfuß gut und schmerzfrei belastet werden.
- Hat sich der Fuß verändert? Wenn die Fehlstellung zugenommen hat, ist dies ein Zeichen, dass im weiteren Verlauf mit Problemen zu rechnen ist.
Die folgende Liste benennt einige typische Knick-Senkfuß Fehlstellungen die häufig anzutreffen sind.
- Der flexible schmerzfreie kindliche Knick-Senkfuß
- Der schmerzhaft rigide kindliche Knick-Senkfuß
- Der asymptomatische Knick-Senkfuß des Erwachsenen
- Der Erworbene Knick-Senkfuß des Erwachsenen
Diagnostik – wie wird eine Knick-Senkfuß festgestellt?
Zunächst erfolgt eine klinische Untersuchung. Dabei wird der Fuß im Stand unter Belastung betrachtet. Der Fuß wird auf Schwielenbildung untersucht, die durch Belastung des Fußes an untypischen Stellen entstehen können. Ergänzend kann ein Trittspurabdruck angefertigt werden.
Das Ausmaß der Fehlstellung kann vor allem durch Röntgenaufnahmen des Fußes in 2 Ebenen im Stand vermessen werden. Auf den Röntgenaufnahmen wird eine Längsachse durch den Talus (Sprungbein) gezeichnet die mit einer Längsachse durch den ersten Mittelfußknochen einen Winkel bildet. Diese Winkel, auch Meary`s Angle genannt sollte zwischen +4° und +4° liegen.
Therapie – wie wird der Knick-Senkfuß behandelt?
Nicht jeder Knick-Senkfuß muss behandelt werden. Welche Behandlung erforderlich ist, richtet sich vor allem nach der zugrundeliegenden Pathologie.
Der flexible schmerzfreie kindliche Knick-Senkfuß
Hier gilt es vor allen Dingen die weitere Entwicklung zu beobachten. Eine Versorgung mit Einlagen ist prinzipiell möglich, wird jedoch in Fachkreisen kritisch diskutiert. Liegt ein sehr ausgeprägter Knick-Senkfuß vor, ist eine Arthrorise des Subtalargelenks in Erwägung zu ziehen. Dabei wird eine Schraube in das Fersenbein eingebracht, die die Auswärtsbewegungen des Fersenbeins abstoppen. Es handelt sich um eine Operation, die vorzugsweise im Alter zwischen 9 und 11 Jahren durchgeführt wird. Großer Vorteil dieser Operation ist, dass das Wachstum des Fußes wesentlich beeinflusst wird, die Operation selber wenig invasiv ist und der Fuß nach der Operation in aller Regel sofort belastet werden kann, weshalb häufig beide Füße in einer Narkose operativ versorgt werden.
Der schmerzhafte rigide kindliche Knick-Senkfuß
Hier muss in jedem Fall die zugrundeliegende Pathologie gesucht werden. Häufig liegen knöcherne Brücken zwischen den Knochen des Rückfußes also zum Beispiel zwischen Talus (Sprungbein) und Kalkaneus (Fersenbein) oder zwischen Os naviculare (Schäfchenbein) und Kalkaneus (Fersenbein) vor. Diese knöchernen Brücken werden Coalitiones genannt. Es handelt sich dabei um eine fehlerhafte Entwicklung des Fußes, die operativ durch Resektion der knöchernen Brücken korrigiert werden muss.
Der asymptomatische Knick-Senkfuß des Erwachsenen
Bei vielen Erwachsenen liegt optisch ein leichter Knick-Senkfuß vor, ohne dass diese Patienten über Beschwerden klagen. Eine Abstützung des Fußes durch eine Einlage ist prinzipiell sinnvoll, wenn auch nicht zwingend erforderlich. Ein gutes Fußbett soll die Belastbarkeit des Fußes verbessern und einer späteren Verschlechterung der Statik vorbeugen.
Der erworbene Plattfuß des Erwachsenen
Der erworbene Plattfuß des Erwachsenen zeichnet sich durch eine schmerzhafte Verschlechterung der Statik des Fußes eines ehemals normalen oder geringen Knick-Senkfußes aus. Wesentliches Element ist der Funktionsverlust der Tibialis-posterior-Sehne durch einen chronischen Verschleißvorgang. Der Funktionsverlust kann vor allen Dingen durch den Single-Heel-Rise-Test überprüft werden. Im frühen Stadium ist eine Abstützung des Fußes durch Einlagen hilfreich, bei fortgeschrittenen Fehlstellungen muss eine operative Rekonstruktion und Stabilisierung des Rückfußes mit dem Patienten diskutiert werden.
Auf der rechten Seite normaler Trittspurabdruck, auf der linken Seite Trittspurabdruck eines ausgeprägten Knick-Senkfußes, keine Aussparung der Belastung auf der Innenseite. Dadurch Belastung der Fußsohle in Arealen, die für diese Belastung nicht angelegt sind
Verschiedene Formen von gewölbestützenden Einlagen
Fazit
Der Knick-Senkfuß ist die häufigste Fehlstellung des Fußes. Äußerlich zeigt sich eine verminderte oder gar aufgehört eine mediale Fußwölbung. Das genaue Ausmaß der Fehlstellung kann durch Röntgenaufnahmen ausgemessen werden. Wesentlich für die durchzuführende Behandlung sind Schmerzen, ein evtl. vorhandenes Funktionsdefizit und die vorhandene Flexibilität oder Rigidität des Fußes. Das Behandlung Spektrum reicht von Einlagen zur Unterstützung des Fußes bis hin zu operativen Korrekturen.
Literatur
- Döderlein L (2019) Knick-Platt-Fuß – Schritt für Schritt. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 14:469-472
- Dohle J (2018) Optionen für die operative Korrektur des adulten Knick-Senkfußes. Orthop. Rheuma 21:32-39
- Harris RI, Beath T (1948) Hypermobile flat-foot with short tendo achillis. J Bone Joint Surg Am 30a:116-140
- Johnson KA (1983) Tibialis posterior tendon rupture. Clin Orthop:140-147
- Johnson KA, Strom DE (1989) Tibialis posterior tendon dysfunction. Clin Orthop Relat Res:196-206
- Schmidt (2003) Der kindliche Knick-Senk-Fuß.