Osteochondrale Läsion des Sprunggelenks
Für die schnellen Leser – Auf einen Blick
Unter einer Osteochondralen Läsion des Sprunggelenks ist ein kombinierte Schädigung der knorpeligen Gleichtschicht, sowie des darunter befindlichen knöchernen Untergrund zu verstehen. Ursächlich kann ein gravierenden Umknick-Ereignis sein. Oft entstehen Osteochondrale Läsionen, ohne dass ein Unfall als Ursache bekannt wäre. Die Beschwerden werden meist in der Tiefe des Sprunggelenks bei Belastung empfunden. Durch eine arthroskopische Operation (in Schlüssellochtechnik) können die geschädigten Anteil von Knorpel und Knochen entfernt werden und die Bildung eines Regeneratgewebes angeregt werden.
Osteochondrale Läsion des Sprunggelenks – was ist das?
Unter einer Osteochondralen Läsion versteht man eine Verletzung des Gelenkknorpels und des darunter befindlichen Knochens.
Unter Sprunggelenk wird meistens das obere Sprunggelenk verstanden. Medizinisch exakt unterscheidet man zwischen oberem und unterem Sprunggelenk. Vereinfacht ausgedrückt ist das obere Sprunggelenk für die Bewegung des Fußes nach oben und nach unten verantwortlich, während das untere Sprunggelenk für die „Umwendbewegung“ des Fußes erforderlich ist. Das obere Sprunggelenk wird auch als Schlüsselgelenks des Fußes bezeichnet und ist für ein harmonisches Gangbild wichtig.
Das obere Sprunggelenk, auch als OSG abgekürzt, ist ein Scharniergelenk. Das Sprungbein (med. Talus) sitzt in der Knöchelgabel, die aus Schienbein (med. Tibia) und Wadenbein (med. Fibula) gebildet ist. Auf der Außenseite, sowohl innen als auch außen finden sich kräftige Bänder, die für den Halt des Sprungbeins und des darunter befindlichen Fußes in der Knöchelgabel sorgen. Beim Heben und Senken des Fußes kommt es zu einer Gleitbewegung der Gelenkflächen des Sprungbeins auf bzw. unter der Gelenkfläche des Schienbeins. Der Gelenkknorpel sicher durch seine Glatte Oberfläche den reibungslosen Gleitvorgang.
Als OsteoChondrale Läsion (OCL) wird eine Verletzung des Gelenkknorpels bezeichnet wobei meist der Knorpel und der direkt darunter befindliche Knochen gemeinsam geschädigt sind. Daher der Ausdruck osteo (med. für Knochen) chondrale (medizinisch für Knorpel) Läsion (=Verletzung).
Mögliche Ursachen
Osteochondrale Läsionen können Folge eines gravierenden Umknick-Ereignisses des Sprunggelenks / Fußes sein.
Nicht alle osteochondralen Läsionen sind jedoch Folge einer Verletzung. Bei vielen OCLs ist die Ursache unbekannt. Manchmal wird eine lokalisierte Durchblutungsstörung des Knochens als Ursache vermutet. Eine solche lokalisierte Durchblutungsstörung darf in keinem Fall mit einer Arteriosklerose (=Gefäßverkalkung / Raucherbein o.ä.) verwechselt werden. Die Ursache für eine derartige lokalisierte Durchblutungsstörung ist nicht bekannt.
Typische Beschwerden
Durch eine osteochondrale Läsion verursachte Beschwerden werden vom Patienten häufig als Schmerzen in der Tiefe des Sprunggelenks, vor allem bei und nach Belastung, beschrieben.
Nicht alle osteochondralen Läsionen verursachen Beschwerden. Nicht selten wir eine OL per Zufall entdeckt, wenn aus einem anderen Grund ein Röntgenbild des Sprunggelenks angefertigt wurde.
Diagnostik und Untersuchungen
Aufhellung des Knochens im Röntgenbild als Zeichen der OsteoChondralen Läsion
Nach der Untersuchung des Fußes durch den Arzt wird in aller Regel ein Röntgenbild angefertigt. Auf den Röntgenbildern lässt sich die Schädigung des Knochens häufig erkennen, wogegen das Ausmaß der Knorpelschädigung auf Röntgenaufnahmen nicht zu beurteilen ist
MRT mit Knorpelschädigung und Zystenbildung
Verursacht die Osteochondrale Läsion Beschwerden oder ist eine Operation geplant, sollte vorher ein Kernspintomogramm (MRT) des Sprunggelenks angefertigt werden, um so das genaue Ausmaß von Kochen- und Knorpelschädigung beurteilen zu können.
Welches Verfahren (s.u.) nötig wird, kann erst bei genauer Betrachtung der MRT – Aufnahmen, oft auch erst bei intraoperativer Inspektion, festgelegt werden. Die Information verläuft dabei in Stufen:
Zunächst wird per Arthroskopie die Größe des Schadens ermittelt. Ist der Schaden noch so klein, dass ein rein arthroskopisches Vorgehen mit einer Mikrofrakturierung möglich ist, wird die Operation arthroskopisch vervollständigt.
Ist der Schaden schon so groß, dass eine aufwendige Rekonstruktion empfehlenswert ist, wird während der Operation in Narkose das Verfahren gewechselt, ein zusätzlicher Hautschnitt durchgeführt und das Problem behoben.
Mögliche Behandlung
Die Beurteilung von 3 Faktoren ist für die Entscheidung zu Behandlung einer Osteochondralen Läsion erforderlich:
- Das Lebensalter des Patienten
- Art und Ausdehnung der Schädigung in Breite und Tiefe
- Die Lokalisation der Schädigung.
Bei Kindern und Jugendlichen darf mit einer spontanen Heilung aufgrund des Regenerationspotentials des jugendlichen Organismus gerechnet werden. Bei Erwachsenen kann einer Knochenverletzung in gewissem Maße heilen, eine Knorpelverletzung jedoch nicht!
Arthroskopische Operation
In den meisten Fällen ist die Osteochondrale Läsion glücklicherweise relativ klein. Oft können die Läsionen arthroskopisch operiert werden, d.h. unter Kontrolle durch eine Videokamera über Miniinzisionen. Der große Vorteil der arthroskopischen Operation ist, dass der Fuß direkt nach dem Eingriff belastet werden kann. Allerdings weiß man, dass die Größe der Läsion ein limitierender Faktor ist. Arthroskopisch können nur Läsionen mit einer Größe von bis zu 1,5 cm² Oberfläche operiert werden, die wiederum nicht tiefer als 5 mm sind. Die Behandlung besteht aus einer Entfernung der geschädigten Knorpel- und Knochenfragmente. Anschließend wir der dann frei liegende Knochen mit einem Spezialinstrument angebohrt, was zur Bildung eines Regeneratgewebes führt. Sie wird der verletzte Knorpel letztendlich ersetzt. Leider ist das Regenerat qualitativ nicht so gut wie der originäre Knorpel. Da der geschädigt Bezirk in Relation zum gesamten Gelenk meist klein ist.
Lagerung zur Arthroskopie des Sprunggelenks
Arthroskopie Sprunggelenk: Knorpelschaden des Sprungbeins (Talus)
Der defekte Knorpel wird arthroskopisch entfernt
Eröffnung des Knochens mit einem Spezialmeißel (ChondroPic)
Abgeheilte Stichinzisionen nach Arthroskopie des Sprunggelenks
Offene Gelenkoperation
Liegt allerdings ein großflächiger oder tiefgreifender Knorpelschaden vor, ist eine aufwändigere offene Gelenkoperation unumgänglich. In aller Regel wird man das defekte Knochen- und Knorpelgewebe vollständig entfernen und dann den Defekt zunächst in der Tiefe mit Eigenknochen aufnehmen, der i. d. R. vom Fersenbein entnommen werden kann. Abschließend wird die Oberfläche mit einer Spezialmembran versiegelt. Dieses Verfahren wird auch als „AMIC“ (autologe matrixinduzierte Chondrogenese) bezeichnet.
Eine AMIC muss i.d. R. über einen offenen Zugang, also mit einem Hautschnitt, durchgeführt werden. U. U. ist sogar ein Durchtrennen des Innenknöchels erforderlich.
Hautschnitt auf der Innenseite des Sprunggelenks
Sicht auf den Knorpel-Knochen-Schaden nach Eröffnung mit Innenknöcheldurchtrennung
Nach Auffüllung des Defekt mit Spongiosa und Abdeckung mit einer Spezialmembran (ChondroGuide)
Fazit
Unter einer Osteochondralen Läsion des Sprunggelenks ist eine kombinierte Schädigung der knorpeligen Gleitschicht, sowie des darunter befindlichen knöchernen Untergrund zu verstehen. Ursächlich kann ein gravierendes Umknick-Ereignis sein. Oft entstehen Osteochondrale Läsionen, ohne dass ein Unfall als Ursache bekannt ist. Die Beschwerden werden meist in der Tiefe des Sprunggelenks bei Belastung empfunden. Durch eine arthroskopische Operation (in Schlüssellochtechnik) können die geschädigten Anteile von Knorpel und Knochen entfernt werden und die Bildung eines Regeneratgewebes angeregt werden. Bei ausgedehnten Osteochondralen Läsionen kann eine offene operative Rekonstruktion über einen Hautschnitt (ggf. mit Knochendurchtrennung) erforderlich werden.
Literatur
- Choi WJ, Park KK, Kim BS et al. (2009) Osteochondral lesion of the talus: is there a critical defect size for poor outcome? The American journal of sports medicine 37:1974-1980
- Chuckpaiwong B, Berkson EM, Theodore GH (2008) Microfracture for osteochondral lesions of the ankle: outcome analysis and outcome predictors of 105 cases. Arthroscopy : the journal of arthroscopic & related surgery : official publication of the Arthroscopy Association of North America and the International Arthroscopy Association 24:106-112
- D’hooghe P, Murawski CD, Boakye LaT et al. (2018) Rehabilitation and Return to Sports: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:61S-67S
- Dekker TJ, Dekker PK, Tainter DM et al. (2017) Treatment of Osteochondral Lesions of the Talus: A Critical Analysis Review. JBJS reviews 5
- Dombrowski ME, Yasui Y, Murawski CD et al. (2018) Conservative Management and Biological Treatment Strategies: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:9S-15S
- Giannini S, Buda R, Faldini C (2005) Surgical treatment of osteochondral lesions of the talus in young active patients. J Bone Joint Surg Am 87:S28-S41
- Hadeed MM, Dempsey IJ, Tyrrell Burrus M et al. (2020) Predictors of Osteochondral Lesions of the Talus in Patients Undergoing Broström-Gould Ankle Ligament Reconstruction. The Journal of Foot and Ankle Surgery 59:21-26
- Hannon CP, Bayer S, Murawski CD et al. (2018) Debridement, Curettage, and Bone Marrow Stimulation: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:16S-22S
- Hannon CP, Smyth NA, Murawski CD (2014) Osteochondral lesions of the talus. The bone & joint journal
- Hepple S, Winson IG, Glew D (1999) Osteochondral lesions of the talus: a revised classification. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 20:789-793
- Hurley ET, Murawski CD, Paul J et al. (2018) Osteochondral Autograft: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:28S-34S
- Kaipel M, Schreiner M, Kellner R et al. (2017) Beneficial clinical effects but limited tissue quality following osteochondral repair with a cell-free multilayered nano-composite scaffold in the talus. Foot Ankle Surg 23:302-306
- Korner D, Kohler P, Schroter S et al. (2018) Pain in Osteochondral Lesions of the Ankle – an Investigation Based on Data from the German Cartilage Registry (KnorpelRegister DGOU). Z Orthop Unfall 156:160-167
- Lee M, Kwon JW, Choi WJ et al. (2015) Comparison of Outcomes for Osteochondral Lesions of the Talus With and Without Chronic Lateral Ankle Instability. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 36:1050-1057
- Looze CA, Capo J, Ryan MK et al. (2017) Evaluation and Management of Osteochondral Lesions of the Talus. Cartilage 8:19-30
- Mcgoldrick NP, Murphy EP, Kearns SR (2017) Osteochondral lesions of the ankle: The current evidence supporting scaffold-based techniques and biological adjuncts. Foot Ankle Surg
- Mittwede PN, Murawski CD, Ackermann J et al. (2018) Revision and Salvage Management: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:54S-60S
- Murawski CD, Hogan MV, Thordarson DB et al. (2018) Editorial. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:1S-2S
- Murawski CD, Kennedy JG (2013) Operative treatment of osteochondral lesions of the talus. J Bone Joint Surg Am 95:1045-1054
- Paul J, Imhoff AB (2016) Osteochondrale Läsion des Talus. In: Hamel J, Zwipp H (eds) Sprunggelenk und Rückfuß. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg, p 49-54
- Reilingh ML, Murawski CD, Digiovanni CW et al. (2018) Fixation Techniques: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:23S-27S
- Rothrauff BB, Murawski CD, Angthong C et al. (2018) Scaffold-Based Therapies: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:41S-47S
- Sadlik B, Kolodziej L, Blasiak A et al. (2017) Biological reconstruction of large osteochondral lesions of the talar dome with a modified „sandwich“ technique-Midterm results. Foot Ankle Surg 23:290-295
- Shimozono Y, Brown AJ, Batista JP et al. (2018) Subchondral Pathology: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:48S-53S
- Smyth NA, Murawski CD, Adams SB, Jr. et al. (2018) Osteochondral Allograft: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:35S-40S
- Teramoto A, Shoji H, Kura H et al. (2018) Investigation of factors related to the occurrence of osteochondral lesions of the talus by 3D bone morphology of the ankle. The bone & joint journal 100-B:1487-1490
- Van Bergen CJ, Kox LS, Maas M et al. (2013) Arthroscopic treatment of osteochondral defects of the talus: outcomes at eight to twenty years of follow-up. J Bone Joint Surg Am 95:519-525
- Van Bergen CJA, Baur OL, Murawski CD et al. (2018) Diagnosis: History, Physical Examination, Imaging, and Arthroscopy: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:3S-8S
- Van Dijk PaD, Murawski CD, Hunt KJ et al. (2018) Post-treatment Follow-up, Imaging, and Outcome Scores: Proceedings of the International Consensus Meeting on Cartilage Repair of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 39:68S-73S
- Wodicka R, Ferkel E, Ferkel R (2016) Osteochondral Lesions of the Ankle. Foot & ankle international. / American Orthopaedic Foot and Ankle Society [and] Swiss Foot and Ankle Society 37:1023-1034